Steuerungstechnik

Elektropneumatik-Workshop mit Leittexten


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Elektropneumatik in der Erwachsenenbildung.
(Der folgende Text als PDF-Datei.)

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Materialien zum Workshop (Aufgaben, Übungen und Infotexte).
(Das vollständige Material kann hier leider nicht angeboten werden, da nicht alle Dokumente in digitaler Form vorliegen, wie z.B. technische Unterlagen zu den verwendeten Pneumatikbauteilen.)


Elektropneumatik in der Erwachsenenbildung

(Ein Workshopkonzept auf der Basis von Leittexten, von M. Diegmann)

 

1. Konzept und Zielsetzung

2. Durchführung und Resümee

 

1. Konzept und Zielsetzung [Seitenanfang]

Der Workshop wurde am Institut für Arbeitswissenschaft und Didaktik des Maschinenbaus der Universität Hannover im April 1997 durchgeführt. Das Konzept und die zugehörigen Dokumente beinhalten die Grundlagen der elektropneumatischen Steuerungstechnik und sind so gestaltet, daß diese praxisnah und in einem größeren Zusammenhang dargestellt werden können. Ein weiterer wesentlicher Aspekt besteht darin, daß die einzelnen im Rahmen des Workshops erarbeiteten Problemlösungen jeweils eine Teillösung für eine übergeordnete Problemstellung bilden. Durch die Verknüpfung der einzelnen Teillösungen entsteht auf modulare Weise eine Gesamtlösung, welche in einem größeren Maße reale Automatisierungsprozesse repräsentiert als herkömmliche fachsystematische Schulungskonzepte und Lehrgänge.

Konkret wird im Rahmen des Workshopkonzeptes eine Gesamtsteuerung für eine automatische Sägevorrichtung entwickelt. Dabei wird der vollständige Prozeß, angefangen bei der notwendigen Sicherheitsvorrichtung über die Materialzuführung und den Sägenvorschub bis zum Späneabtransport, in die Steuerungsaufgabe integriert.

Im folgenden möchte ich zunächst die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen darstellen und anschließend näher auf die didaktisch-methodischen Aspekte des Konzepts eingehen.

Nahezu allen Institutionen aus dem Bereich der Aus- und Weiterbildung sind materielle und finanzielle Grenzen gesetzt. Das gilt für den Sektor der betrieblichen Ausbildung und in der Regel in noch stärkerem Maße für die überbetriebliche bzw. schulische Ausbildung. Insbesondere im Qualifikationsfeld der Steuerungs- und Automatisierungstechnik entstehen schnell Kosten in fünf- oder sechsstelliger Höhe, wenn es darum geht, praxisnah auszubilden. Die Ausbildung an bestehenden automatisierten Fertigungsanlagen ist aus betrieblichen Gründen meist nicht oder nur in begrenztem Umfang möglich und die Anschaffung von Modellanlagen, an welchen Steuerungsprozesse realistisch dargestellt oder die systematische Fehlersuche trainiert und Prozeßmodifikationen vorgenommen werden können, scheitert in der Regel an den finanziellen Grenzen. Dies gilt insbesondere für Schulen sowie für Ausbildungsbetriebe kleinerer oder mittlerer Größe. Um dennoch die Grundlagen der elektropneumatischen Steuerungstechnik vermitteln zu können und auf Abschlußprüfungen vorzubereiten, wird häufig auf die Standard-Elektropneumatik-Bauteilsätze nach PAL zurückgegriffen. Der Umfang solcher Bausätze reicht sicherlich aus, um Grundprinzipien zu vermitteln bzw. zu erlernen. Inhalte, die darüber hinaus gehen, wie z.B. Verknüpfungsmöglichkeiten für unterschiedliche Komponenten (Module) einer komplexeren Anlage und die damit verbundene notwendige Nutzung diverser Informationen bzw. Impulse der verfügbaren Signalglieder, bleiben dabei auf der Strecke.

Es ist also erforderlich, eine Lösung zu finden, welche es ermöglicht, trotz der finanziellen Engpässe Schulungen durchzuführen, die einerseits die Teilnehmer nicht überfordert und andererseits betriebliche Realitäten in ausreichendem Maße berücksichtigt.

In dem hier vorgestellten Konzept beschreiten wir sozusagen den goldenen Mittelweg, indem wir die in den Ausbildungsbetrieben und Schulen vorhandenen Elektropneumatik-Bauteilsätze nach PAL nutzen, jedoch nicht auf die erforderliche Komplexität des Ausbildungsgegenstandes verzichten. Die Lösung besteht darin, mittels der vorhandenen Bauteilsätze einzelne Module zu entwickeln und diese zu einem komplexen System miteinander zu vernetzen. Ein Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, daß das System beliebig erweitert und modifiziert werden kann. Die Grenzen werden ausschließlich durch die Anzahl der verfügbaren Elektropneumatik-Bauteilsätze bestimmt. Auf der Basis dieses modularen Konzeptes wird u.a. der systemtheoretische Ansatz der Technikdidaktik berücksichtigt, Abb. 1.

Abb. 1, Struktur des Projekts "Automatiksäge" [Bild/System anklicken für ein Technologieschema]

Ein zentrales Ziel dieses Ansatzes besteht darin, daß komplexe technische Systeme für den Betrachter durchschaubarer werden, bzw. die Hauptfunktion des Systems in prägnanter Weise dargestellt wird. In jedem Fall soll das System einfacher verstanden werden können. Zu diesem Zweck bedient man sich verschiedener Betrachtungsebenen und untersucht jeweils nur die Funktionen des Systems, das auf dieser speziellen Ebene von Bedeutung ist. Für die jeweilige Betrachtungsebene werden in diesem Zusammenhang die Systemgrenzen definiert. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, daß bei der Verknüpfung einzelner Module bzw. Teilsysteme untergeordnete Systemebenen nur dann in die Überlegungen einbezogen werden, wenn sie für die Problemlösung von Bedeutung sind. Die Schulungsteilnehmer können sich somit auf die konkrete Problemstellung konzentrieren, ohne durch eine Vielzahl von Einzelinformationen überfordert zu werden. Konkret heißt das, daß zur Verknüpfung z.B. der Teilsysteme Materialzuführung und Sägevorrichtung (Abb.1) interne Steuerungsprozesse zunächst vernachlässigt werden können. Eine differenziertere Betrachtung z.B. einzelner Relais-Schaltungen wird erst dann notwendig, wenn genau geklärt ist, welche Informationen zwischen den beiden Systemen ausgetauscht werden müssen, um die Hauptfunktion zu realisieren.

Das Gesamtsystem der "Automatiksäge" ist in fünf Betrachtungsebenen unterteilt, wobei die oberste Ebene (b+3) die Hauptfunktion der Automatiksäge darstellt (Materialstange in Abschnitte zerteilen) und die unterste Betrachtungsebene (b-1) die einzelnen elektropneumatischen Bauteile beinhaltet, wie z.B. ein 5/3-Wege-Magnetventil mit der Hauptfunktion, bei elektrischer Betätigung des Ventils das Medium Druckluft an bestimmte Ventilausgänge zu lenken.

Durch ein offenes Workshopkonzept und die spezielle Gestaltung der Unterlagen wird es den Teilnehmern in besonderer Weise ermöglicht, eigenständige Lösungen für die jeweiligen Module bzw. Teilsysteme zu erarbeiten. Die Intention ist dabei, Schlüsselqualifikationen, wie Methoden- und Problemlösungskompetenz sowie die Kreativität der Workshopteilnehmer gezielt zu fördern bzw. zu fordern. Mit diesem Aspekt soll der betrieblichen Praxis Rechnung getragen werden, in welcher vorgefertigte Musterlösungen das konkrete Problem in der Regel nicht ausreichend beseitigen können, sondern innerhalb eines kreativen Problemlösungsprozesses eine betriebsspezifische Lösung erarbeitet werden muß.

Das bedeutet für die im Rahmen des Workshops eingesetzten Unterlagen nicht, daß keine Beispiellösungen enthalten sein dürfen, sondern, daß das Problem auf konkretem Niveau differenziert dargestellt wird, Angaben hinsichtlich einer speziellen Lösung jedoch zunächst nicht erfolgen, um die Teilnehmer bei der eigenen Lösungsfindung nicht einzuschränken.

Die Workshopunterlagen enthalten für das Gesamtprojekt "Automatiksäge" vier Aufgabenblöcke, welche jeweils ein Modul des Gesamtsystems betreffen (Abb. 1):

  • Zentralsteuerung

  • Schutzgitter

  • Bearbeitungseinheit

  • Späneförderer

Diese Aufgabenblöcke sind wiederum in drei Teilaufgaben gegliedert, die in sich geschlossene "Sinneinheiten" bilden. Auf diese Weise ist der Prozeß, das Gesamtsystem zu entwickeln, in einzelne Teilhandlungen gegliedert, so daß die Lernenden zu jedem Zeitpunkt des Workshops ein klares Ziel vor Augen haben.

Die einzelnen Teilaufgaben sind so strukturiert, daß eine eigene, unabhängige Problemlösung entwickelt werden kann. Zudem besteht die Möglichkeit, entsprechende Arbeitsblätter zu nutzen, welche je nach Vorkenntnissen unterschiedlich viele Lösungshinweise enthalten. Im Bedarfsfall können die Workshopteilnehmer ihre Ergebnisse mit vorgefertigten Lösungsvorschlägen vergleichen, die sich im Anhang zu den Arbeitsunterlagen befinden. Zentraler Bestandteil des Anhangs sind ebenfalls umfangreiche Informationsmaterialien, in denen die zur Entwicklung elektropneumatischer Schaltungen relevanten Informationen entnommen werden können. Um die Informationsbeschaffung zu erleichtern, enthalten die Aufgabenblätter jeweils entsprechende Hinweise, an welcher Stelle im Anhang Informationen zu finden sind, die bei der Problemlösung hilfreich sein können. Diese Strukturierungshilfe für den Lernenden ist der Leittextmethode entliehen.


2. Durchführung und Resümee [Seitenanfang]

Im Anschluß an die Beschreibung des Workshopkonzeptes sollen nun unsere Erfahrungen bei der Durchführung und die Resonanz der Teilnehmer näher dargestellt werden.

Am Workshop haben 7 Ausbilder bzw. Industriemechanikermeister verschiedener Institute der Universität Hannover teilgenommen. Die Anzahl der Teilnehmer wurde bewußt begrenzt, um die Vorteile des individuellen Lernens in der Kleingruppe nutzen zu können. Als zeitlicher Rahmen waren ca. 50 Stunden eingeplant, die sich auf 8 Workshoptage verteilten.

Abb. 2, Ergebnisse des Feedbacks [Bild anklicken zum Vergrößern]

Zur Äußerung von Meinungen und Stimmungen bzw. um ein "Feedback" über die Veranstaltung zu erhalten, wurden während des Workshops nach Bedarf Karten- oder Punktabfragen in Anlehnung an die Metaplanmethode durchgeführt. Insbesondere nach dem 1. Workshoptag führte eine Kartenabfrage zu einer "Kurskorrektur" (Abb. 2). Die dort geäußerte Kritik bezog sich im wesentlichen auf zwei zentrale Aspekte:

  • Die Gliederung der Workshopunterlagen war zu verwirrend.

  • Die Methode bzw. das überwiegend selbständige Lernen wurde als befremdlich empfunden und als Lernmethode in Frage gestellt.

Das erste Problem konnte relativ schnell gelöst werden, indem der Gruppe die Unterlagen und deren Ordnungssystem differenziert erläutert wurden. Der zweite Punkt betraf den Kern des Workshopkonzepts.

Als Ursache für die ablehnende Haltung gegenüber der Methode des "selbstgesteuerten Lernens" lasen sich zum einen die Lerngewohnheiten der Ausbilder anführen, welche durch die Vortrags- sowie Vier-Stufen-Methode geprägt sind. Zum anderen sei diese Methode nach Meinung einiger Kursteilnehmer für jugendliche Auszubildende ungeeignet, da denen die erforderliche Lerndisziplin fehle.

Nachdem die Kritik an der Methode geäußert wurde, haben wir im Workshop einen Mittelweg eingeschlagen. Die Teilnehmer einigten sich darauf, daß jeweils vor der Bearbeitung einer neuen Problemstellung bzw. neuer Inhalte eine Einführung im Vortragsstil erfolgen sollte. Diese Phase dauerte jeweils so lange, daß die weitere Problemlösung in Eigenarbeit erfolgen konnte.

Da die Teilnehmer zu Beginn des Workshops über unterschiedliche Grundkenntnisse aus den Bereichen Elektrotechnik und Pneumatik verfügten, zeigte es sich im weiteren Verlauf, daß nicht alle Teilnehmer den Einführungsvortrag in Anspruch nahmen und statt dessen die Problemlösungen komplett eigenständig erarbeiteten. Die Bearbeitung der Problemstellungen erfolgte i.d.R. in 2er und 3er Teams.

Abb. 3, Teamarbeit der Teilnehmer [Bild anklicken zum Vergrößern]

Der Vorteil, das eigene Lerntempo zu bestimmen, wurde von den Ausbildern positiv bewertet. Zum Thema berufliche Erstausbildung herrschte dennoch die Meinung vor, daß gerade jüngeren Auszubildenden die erforderliche Disziplin fehle.

Im Rahmen einer am letzten Workshoptag durchgeführten Kartenabfrage wurden folgende Aspekte positiv bzw. negativ bewertet:

Positiv

  • Sozialform des Arbeitens und Lernens; eigenständiges Arbeiten im Team

  • Kombination von planerischen Tätigkeiten (Theorie) und anschließendem Schaltungsaufbau (Praxis)

  • inhaltliche Gestaltung und Umfang der im Workshop eingesetzten Unterlagen

Negativ

  • höherer Zeitaufwand des selbständigen Lernens im Vergleich zum Lehrervortrag

  • zu wenig Vorkenntnisse beim Einstieg in das Themengebiet bzw. die Problembearbeitung

  • Gliederung der Workshopunterlagen

Trotz eines überwiegend positiven Feedbacks zum Workshopverlauf und Zufriedenheit mit den eigenen Arbeitsergebnissen blieb die Grundhaltung der Ausbilder gegenüber der praktizierten Methode eher skeptisch. Insbesondere der Zeitaufwand bei der selbständigen Aneignung des zur Problemlösung notwendigen Wissens wurde als deutlich zu hoch kritisiert. Demgegenüber wurde die Workshopdauer von ca. 50 Stunden für die Bearbeitung der Inhalte als angemessen beurteilt. Die positive Resonanz hinsichtlich der Sozialform im Workshop läßt darauf schließen, daß die überwiegend beratende Funktion des Workshopleiters weitgehend akzeptiert wurde. Ein im Zentrum des Lernprozesses stehender Lehrer ist somit für die teilnehmenden Ausbilder nur im Rahmen der o.a. Einführungsvorträge von Bedeutung. Dennoch bestand seitens der Ausbilder weiterhin eine kritische Haltung in bezug auf Ausbildungsmethoden, die das eigenständige Lernen in den Mittelpunkt stellen.

 


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(c) Manuel Diegmann. Letzte Änderung: 20.04.2000